Politische Lage im Deutschen Reich 1921

Der 1. Weltkrieg war vor knapp 3 Jahren – am 11. November 1918 – mit der Unterzeichnung des Waffenstillstands zu Ende gegangen. Nach vier Jahren unvorstellbar grausamer Kämpfe auf den Schlachtfeldern und großer Not in der Heimat war der Krieg verloren worden. Mit dieser Niederlage war auch das Deutsche Kaiserreich untergegangen. Kaiser Wilhelm II war ins Exil nach Holland geflohen, und das Deutsche Reich war zu einer Republik geworden.

Ein Jahr später, am 28. Juni 1919 musste die neue Reichsregierung unter entwürdigenden Umständen den von den Siegermächten ohne Beteiligung der Deutschen verfassten „Versailler Friedensvertrag“ unterzeichnen, der dann nach der Ratifizierung am 10. Januar 1920 – also aus der damaligen Sicht unserer Vereinsgründer Hermann Lake, August Tieke und Hermann Hüring – vor einem Jahr in Kraft getreten war.

Im Deutschen Reich wurde der Friedensvertrag, in dem Deutschland die alleinige Kriegsschuld zugeschrieben worden war, von der Mehrheit der Menschen als „Schandfrieden“ abgelehnt. Das entsprechende Schlagwort hieß: „Kriegsschuldlüge!“ Auch die sogenannte „Dolchstoßlegende“ war allgegenwärtig. Die militärische Führung (Oberste Heeresleitung) hatte versucht, die Schuld an der militärischen Niederlage des Deutschen Reiches vor allem der Sozialdemokratie, anderen demokratischen Politikern und dem „bolschewistischen Judentum“ in die Schuhe zu schieben. Das deutsche Heer sei angeblich im Weltkrieg „im Felde unbesiegt“ geblieben, man habe bis zum Schluss „tief im Feindesland“ gestanden, kein feindlicher Soldat habe bis Kriegsende deutschen Boden betreten und erst durch oppositionelle „vaterlandslose“ Zivilisten aus der Heimat habe man einen „Dolchstoß von hinten“ erhalten. Diese Version wurde von der Mehrheit der Bürger – insbesondere in konservativen und politisch rechten Kreisen – geglaubt. Heute ist sie von Historikern längst widerlegt.

Das folgende Bild ist sinnbildlich für das damalige Verständnis von „im Felde unbesiegt!“. Es zeigt die nach dem 1. Weltkrieg erstellte Erinnerungs- und Ehrenurkunde des Kriegsteilnehmers Heinrich Elbers „Zum steten
Gedenken für alle Zeiten“. Er war als 34-jähriger Familienvater bereits eine Woche nach Kriegsbeginn einberufen und während des Krieges als Sergeant (heute Stabsunteroffizier) im Stellungskampf in Frankreich eingesetzt worden. Über dem Urkundentext sind die Symbole des untergegangenen Kaiserreiches zu sehen, mit dem man sich weiterhin identifizierte: Reichsflagge (Schwarz – Weiß – Rot), Reichsadler und Reichkriegsflagge.

Die politischen Umwälzungen in Deutschland und Europa waren gewaltig. Mit dem Ende des Krieges waren drei Kaiserreiche untergegangen: Das Deutsche Kaiserreich, das Kaiserreich Österreich-Ungarn sowie das russische Zarenreich. Mit den Franzosen, Engländern und den USA hatten drei demokratische Staaten gewonnen und es waren neue Staaten wie beispielsweise Polen oder die Tschechoslowakei entstanden.

Der Nachfolgestaat des Deutschen Kaiserreiches, die „Weimarer Republik“, hatte als parlamentarische Demokratie die Staatsform der Sieger übernommen und wurde auch aus diesem Grund von Anfang an von vielen Menschen als „politisches System der Sieger“ abgelehnt. Politische Diskussionen im Reichstag und außerhalb wurden als „Parteiengezänk“ diffamiert.